Das Parlamentsgebäude steht vor einem Totalumbau. Unter den Parteien bestehe mittlerweile “kein Zweifel” mehr über die Notwendigkeit der Generalsanierung des gut 130 Jahre alten Gebäudes, sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am Mittwochabend bei einer Führung für Mitglieder der Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und -redakteure durch das Hohe Haus. Die Bauarbeiten werden laut Prammer allerdings nicht vor Ende 2013 beginnen. Das Konzept soll bis kommenden Februar stehen und könnte eine radikale Neuordnung des Innenlebens des Parlaments bringen.
Probleme könnten nach Angaben der Parlamentsdirektion die Brandschutzbestimmungen bringen – ohne Umbau könnte demnach ab 2015 sogar die Betriebsgenehmigung für das Haus gefährdet sein. Als sanierungsbedürftig gilt außerdem das Dach, das im Vorjahr für Schlagzeilen sorgte, als es vor einer Sitzung in den Plenarsaal regnete. Bei der Führung machte Prammer u.a. auf den baulichen Verfall im Dachstuhl aufmerksam. Für Probleme sorgt demnach insbesondere das eindringende Tauwasser, das sowohl Dach als auch Mauerwerk langsam zerbröseln lässt.
Dementsprechend sieht das vom Architekten Hermann Schnell erstellte “Nutzungskonzept” im Rahmen der Sanierung auch einen Dachbodenausbau vor: Derzeit brachliegende “räumliche Reserven” sollen aktiviert und für Parlament und Öffentlichkeit nutzbar gemacht werden. Möglich wäre eine Cafeteria unter dem Dach, die neben Abgeordneten und Mitarbeitern auch Gästen von außerhalb offen steht. Geöffnet werden könnte auch das Erdgeschoß – in den Plänen ist eine öffentliche Passage vom Ring in die hinter dem Parlament liegende Reichsratsstraße vorgesehen.
Auch für das sonstige Innenleben des Parlaments sieht das Nutzungskonzept einige Änderungen vor: So könnte der Bundesrat – derzeit zwischen Säulenhalle und Sitzungssaal eingezwängt – in den etwas repräsentativeren Budgetsaal übersiedeln. Von den derzeitigen Ausschuss-Lokalen würde der Studie zufolge nur ein einziges (das Lokal VIII) übrig bleiben – der Rest würde in Büros für die Parlamentsparteien umgewidmet. Insgesamt sehen die Planungen übrigens bis zu sechs derartige “Fraktionsstützpunkte” vor, um für allfällige neue Parteien gerüstet zu sein.
Dass das Raumkonzept mit insgesamt elf Ausschuss-Lokalen dennoch drei mehr als bisher vorsieht, liegt unter anderem daran, dass über und unter den beiden großen Sitzungssälen insgesamt vier große Räume für die Ausschüsse entstehen sollen. Weitere Lokale wären demnach rund um die Säulenhalle sowie hinter der Cafeteria im Dachboden vorgesehen. Den Einbau von Dachfenstern habe der Denkmalschutz bereits grundsätzlich genehmigt, betonte Schnell.
Insgesamt könnte die Nutzfläche des Parlaments von derzeit rund 40.000 bis 45.000 Quadratmeter damit um bis zu 8.000 Quadratmeter erweitert werden. Allerdings betont Prammer, dass die Planungen noch nicht “in Stein gemeißelt” seien. Das genaue Konzept müsse noch gemeinsam mit den Parlamentsparteien erstellt werden. Ihr Ziel ist es, das fertige Konzept rund um den 16. Februar 2011 vorstellen zu können. Auch die Kosten des Umbaus sollen bis dahin feststehen.
Ein Sachverständiger hatte die Kosten für einen Totalumbau im Vorjahr auf rund 260 bis 320 Mio. Euro geschätzt (plus/minus 40 Prozent). Prammer betonte diesbezüglich, es werde bei den Baukosten “keine Tricksereien” geben: “Da ist mir lieber, jemand sagt, das ist zu teuer. Dann muss er auch die Verantwortung übernehmen.” Saniert werden müsste das historische Gebäude nämlich selbst dann, wenn das Parlament in einen günstigen Neubau “auf der grünen Wiese” übersiedeln würde. Letztlich gehe es um die Frage: “Will man dieses Haus verfallen lassen oder nicht?”