Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in unserer Reihe “FORUM MEDIEN. MACHT. DEMOKRATIE”, die wir
gemeinsam mit Nationalratspräsidentin Mag.a Barbara Prammer
veranstalten, fand am Montag eine spannende Diskussion über das
Wechselspiel zwischen neuen Medien und Politik statt.
Unser Mitglied Manfred Krejcik hat sich die Mühe gemacht, ein
Video davon auf unsere Homepage zu stellen. Wer gestern nicht
kommen konnte, folge bitte dem Link!
>> ZUM VIDEO
Viele Grüße,
Wolfgang Sablatnig
Parlamentskorrespondenz Nr. 410 vom 22.05.2012:
Politik und Internet: Ein zwiespältiges Verhältnis
Ermöglichen online-Medien politische Vertrauensbildung?
“Angriffe aus dem Netz: Wie Politik und Medien immer mehr unter
Druck geraten”, diesen Titel trug die gestrige
Diskussionsveranstaltung der Reihe “Medien.Macht.Demokratie” im
Parlament. Auf Einladung von Nationalratspräsidentin Barbara
Prammer und der Vereinigung der Parlamentsredakteurinnen und
–redakteure wurde dabei beleuchtet, welche Veränderungen neue
Kommunikationsmedien im politischen und medialen Diskurs
bewirken.
Moderiert von ORF-Journalist Fritz Jungmayr diskutierten die
Leiterin des Standard online Gerlinde Hinterleitner, ÖAAB
-Generalsekretär Lukas Mandl, der ehemalige Bundesvorsitzende der
Piratenpartei Deutschland Sebastian Nerz und Kathrin Stainer
-Hämmerle, Politikwissenschafterin der Universität Klagenfurt.
Zentral war die Frage, ob PolitikerInnen das Vertrauen in der
Bevölkerung über Formen der online-Kommunikation schaffen können
.
Liegt die politische Zukunft im Internet?
Johannes Huber, Vorsitzender der ParlamentsredakteurInnen, hielt
bei seiner Begrüßung fest, PolitikerInnen und traditionellen
Medien falle es generell schwer, richtig mit innovativen
Kommunikationsformen umzugehen. In der Diskussionsrunde wurden
Standpunkte zum Nutzungsverhalten im World Wide Web erörtert,
wobei die ExpertInnen auch auf die zukünftige Organisation von
politischer Auseinandersetzung und demokratischer Willensbildung
eingingen. Über das Internet könne die Bevölkerung viel
einfacher und schneller ihre Meinung zu einem Thema äußern, als
in einem gewöhnlichen politischen Entscheidungsprozess, erklärte
Sebastian Nerz den Erfolg der online-affinen Piratenpartei in
derzeit 45 Staaten der Welt. Die breite und rasche Verfügbarkeit
von Informationen online werde die Art, wie Politik gemacht wird
, beeinflussen und sie zur klareren, nachvollziehbaren
Positionierung zwingen, meinte er.
Kathrin Stainer-Hämmerle sah das Aufkommen der Piratenpartei
weniger in deren online-Präsenz sondern eher in Fehlern der
etablierten Parteien begründet. Vermehrte Unzufriedenheit der
Menschen in einer globalisierten Gesellschaft und die verstärkte
Mobilität der WählerInnen verschaffen laut Stainer-Hämmerle der
bislang ideologisch noch nicht festgelegten Piratenpartei große
Zustimmung. Die Politik solle die Möglichkeit der Partizipation,
die neue online-Medien der Bevölkerung bieten, nicht übersehen,
wobei diese Form der Beteiligung auch entsprechende politische
Kompetenz von den BürgerInnen verlange. Letztlich gelte es, das
verlorene Vertrauen der Menschen in die Politik durch direkten
Kontakt “auf der Straße” wiederzuerlangen, unterstrich die
Universitätsprofessorin.
Beteiligung der BürgerInnen entscheidender Faktor der
Demokratieentwicklung
Persönlicher Kontakt sei zwar immer noch wichtig, gab Lukas Mandl
zu, doch mit den neuen Medien werde der Demokratiegedanke, eine
umfassende Mitwirkung der Bevölkerung an der Politik zu
ermöglichen, realisiert. In den Augen von Mandl müssen sowohl
PolitikerInnen als auch Medienschaffende ihr Arbeitsverhalten
ändern. Immerhin könnten nun einfache BürgerInnen über online
-Medien ebenso wie JournalistInnen Themenschwerpunkte, die von
Medien interpretiert werden sollten, setzen. In dieser Hinsicht
sei es an den PolitikerInnen, ihre Kommunikationsfähigkeit im
Internet zu erhöhen und sich dadurch Vorteile im demokratischen
Wettbewerb zu verschaffen.
Gerlinde Hinterleitner führte die momentane
“Politikverdrossenheit” ebenfalls auf die mangelnde
Kommunikationskompetenz von PolitikerInnen zurück. Sie plädierte
für eine verstärkte Nutzung neuer Medien, über die interaktiv
und effizient in einem weiten Umkreis kommuniziert werde und
Entscheidungsprozesse transparenter würden. Die Menschen
verlangten nach ernsthaften Diskussionen, und erwarteten sich,
dass die Politik auf Kritik aus der Bevölkerung eingeht. Zur
Urheberrechtsfrage von Internet-Materialien meinte Hinterleitner
, ihre Zeitung sei erfreut, wenn Artikel etwa über Blogs
verbreitet würden. Einhalt müsse jedoch der kommerziellen
Verwendung von urheberrechtlich geschützten Texten geboten
werden.
In der Publikumsdiskussion gingen die DiskutantInnen noch näher
auf die neue, nicht immer fachlich fundierte Debattenkultur im
Internet ein. Konsens herrschte darüber, dass es bestimmter
Regeln bedürfe, um aggressive Kommentare in einer politischen
Diskussion hintanzuhalten.