Von Claudia Dannhauser
Die Teilnehmer:
Interesse an unserem London-Trip fanden sieben Journalisten bzw. Mitglieder der Vereinigung (Karl Ettinger, Die Presse / Leonhard Foeger, Reuters / Irene Peer-Polzer, ÖVP-Klub-Presse / Günther Schröder, Österreich / Christian Schwei, Apa / Wolfgang Simonitsch, Kleine Zeitung, und meine Wenigkeit, Claudia Dannhauser, ORF) sowie vier Mitarbeiter der Parlamentsdirektion, angeführt von Parlamentsvizedirektor Alexis Wintoniak und Professor Hermann Schnell sowie Erich Schöfbeck und Heidrun Machacek.
Professor Schnell kümmerte sich dankenswerterweise Weise um die vielen interessanten Gesprächspartner.
Einige mussten leider zu Hause bleiben, schweren Herzens – so auch unser Präsident Johannes Huber.
So und nun der kurzgefasste Reisebericht:
Der erste Tag stand im Zeichen der Sanierung des englischen Parlamentsgebäudes.
Es ist gute 40 Jahre älter als das unsrige, im neugotischen Stil erbaut, also prinzipiell etwas Düsterer. Es ist um einiges größer, hat aber viele kleine Räume, ist im ganzen nicht so übersichtlich.
Der Zustand des Gebäudes ist ähnlich schlecht, womöglich sogar schlechter als der des Hauses am Ring. Die Houses of Parliament wurden nie generalsaniert, sie sind technisch nicht auf dem neuesten Stand, sie haben ebenso wie unser Parlament im Zweiten Weltkrieg schwere Bombentreffer erlitten und sie sind noch dazu zum Teil asbestverseucht.
Also: Eine Generalsanierung ist dringend notwendig. Bloß die Engländer gehen es etwas anders an, als man sich das bei uns im Idealfall so vorstellt.
Sie planen eine Sanierung bei laufendem Betrieb. Und das kann natürlich dauern. Für unsere parlamentarischen Mitreisenden ist das kein gutes Vorbild. Weil: Eine ewige, eine teure Baustelle.
Die Umsetzung birgt auch einiges an Skurrilitäten: So ist einer der vielen Innenhöfe voll mit technischer Infrastruktur. Rohre, dicke Rohre – 20, 30 Zentimeter im Durchmesser – verlaufen vor den Fenstern bis zum Dach. Hinter den Fenstern: Abgeordnetenräume. Zum Ausgleich wird den MEPs eine Tageslichtlampe zugestanden.
Es muss zudem nachts gearbeitet werden, weil in London ja jede Woche von Montag bis Donnerstag im Parlament getagt wird. Das kommt teuer und ist den Arbeitern auch nicht immer zumutbar.
Aufwendig auch der denkmalschutzbedingte Teil der Sanierung: Die speziellen Fliesen in den Repräsentationsräumen müssen andauernd erneuert werden – eine Art gebrannter Kachel als Fußboden. Ist man an einem Ende fertig, muss am anderen wieder begonnen werden, weil zu viele Fußtritte das Muster wieder entfernt haben. Hansen hat zum Glück auf Stein gesetzt in unserem Parlament – eine ewige Baustelle weniger.
Und auch das Dach ist in London eine Spezialität: Es ist allen Ernstes aus Gußeisen, also eine Art Dampflok in hundertfacher Ausführung. Es wird zur Zeit laufend saniert – originalgetreu. Einziges Zugeständnis an die Neuzeit: eine hellere Lackierung soll mehr Reflexion und damit weniger Hitze im Sommer bringen, auch für eine bessere Dämmung im Winter wird gesorgt.
Die Kosten? Bewegen sich im Milliardenbereich alles in allem. Genaueres weiß man nicht oder sagt man nicht.
Der zweite Tag steht im Zeichen der journalistischen Arbeit im Parlament:
Es existiert natürlich auch eine Vereinigung der Parlamentsredakteure – ich fürchte mit längerer Tradition. Aber das ist in England ja fast selbstverständlich.
Jedenfalls haben die Herrschaften – ich glaube es sind tatsächlich hauptsächlich Männer – ungefähr 300 Gleichgesinnte als Mitglieder in ihrem Klub. Sie unterscheiden zwischen entrance und permanent allowance. Es gibt den Lobbying-Journalist – so heißt das tatsächlich. Diese Weihestufe erreichen nur 45 bis 75 Journalisten der wichtigsten Medien.
Sie haben uneingeschränkten Zugang zu den Parlamentariern und benutzen denselben Eingang.
150 Journalisten haben Zugang zur Pressegalerie. Wer das ist, darüber entscheidet der Speaker. Dafür gibts dann einen fixen Sitzplatz mit eigenem Namensschild. Die Mitgliedschaft kostet allerdings nicht sieben Euro pro Jahr, sondern satte 200 Pfund.
Man sollte dabei nicht vergessen: England hat etwa sieben fixe Nachrichtensender, die nichts anderes als Nachrichten senden, unzählige nationale und regionale Fernsehsender, die Creme de la Creme der seriösen Blätter, das Non plus Ultra der Trash-Medien und noch einmal 300 bis 400 Lokalblätter.
Nicht zuletzt der Grund, warum Fernsehen aus dem Parlament ganz, ganz anders funktioniert als bei uns. Es flimmert überhaupt erst seit Ende der Achtziger Jahre. Davor wurde offenbar mitgezeichnet. Fotos sind auch heute nicht erlaubt während der laufenden Sitzung.
Die Fernsehübertragung übernimmt das Parlament seit einigen Jahren selbst, wobei es entscheidende Unterschiede in den Usancen gibt. Es gibt wesentlich mehr Plenartage – jeden Montag bis Donnerstag. Und es gibt viel mehr Ausschüsse und Ausschusssitzungen. Und nahezu alle, bis auf wenige Ausnahmen, sind öffentlich. Das heißt: Es wird täglich viele, viele Stunden gesendet – und zwar in zweierlei Qualität. Fürs Internet – also für die eigene und fremde Homepages – gibt es Mitschnitte in schlechterer Qualität. Für die Broadcaster werden Bilder in fernsehtauglicher Qualität versendet. Wobei man zugesteht, Probleme mit den Versandkosten zu haben und mit der elektrischen Grundversorgung, um ständig und jederzeit Livebilder garantieren zu können. Die Angst vor längeren Stromausfällen ist groß. 15 Leute hat das Parlament jedenfalls ständig fürs Fernsehen angestellt.
Und dann gabs noch ein paar Besonderheiten: Wir duften in der MEP-Kantine unser Essen holen und es auf der Terrasse Richtung Themse verspeisen.
Und – für viele noch spannender: Wir hätten fast die Queen gesehen. Wir wurden allerdings recht zackig aus dem Parlamentsinnenhof verscheucht, in dem sie eine halbe Stunde später erscheinen sollte.
Das war die Kurzfassung, längere Berichte gibt’s nur mündlich.